Andreas Terschawetz und der Kaffee, der nach Rum schmeckt
Es war einmal ein Röster, der hatte die Idee, einen Kaffee herzustellen, der nach Rum schmeckt...
Dieser Röster ist Andreas Terschawetz vom El-Coffeino. Das El-Coffeino gehört zu den geheimsten Geheimtipps unserer Redaktion. Mit lediglich 4,5 Tonnen gerösteter Bohnen pro Jahr ist es eine der kleinsten Röstereien, die im roestfrisch.com gelistet sind. Aber genau das zeichnet das El-Coffeino aus – das Motto: Qualität vor Quantität.
Der Mann, der gerne Rum experimentiert
Wer sich mit Andreas Terschawetz über Kaffee unterhält, merkt sofort: Das braune Gold fließt durch jede einzelne seiner Adern. Mit dem El-Coffeino hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und sich den Traum einer eigenen Rösterei erfüllt. In einer One-Man-Show übernimmt er dort den kompletten Prozess von Einkauf über Röstung bis hin zum Verkauf und schafft es dabei, mit jeder neuen Sorte im Sortiment das Thema Kaffee neu für sich zu entdecken. Das Geheimnis seines Erfolgs sieht er in seiner Grundhaltung: „Warum immer nur nach irgendwelchen Lehrbüchern, wie denen von Scott Rao, rösten?! Das ist doch langweilig. Es ist doch viel cooler, wenn man einfach mal experimentiert. Und mit dieser Einstellung bin ich dann ziemlich schnell auf die Idee gekommen: Ich muss mal mit dem Thema Fermentation rumspielen.“
Gesagt, getan. Was mit einfachen Experimenten mit Wasser begonnen hat, ist ziemlich schnell darin geendet, dass Andreas seine Bohnen in Kirschsaft, Whiskey und Gewürzen wie Zimt eingelegt hat. Anfangs allerdings ohne Erfolg. Denn entweder ist bei der Röstung der Geschmack der Fermentationsflüssigkeit verloren gegangen oder aber der Kaffee hat Andreas nicht mehr geschmeckt. Doch nach einigen Fehlversuchen kam ihm dann eines Tages eine zündende Idee: „Der Kaffee mit dem Schuss Rum ist ja ziemlich beliebt. Und dann habe ich gedacht: Es müsste doch auch gehen, den Kaffee und den Rum schon vorher zu mischen.“ Das war die Geburtsstunde der Sorte „Rumpelstilzchen“.

Yo Ho Ho und ’ne Buddel voll Rum
Ach wie gut, dass niemand weiß... „Pfff, wie ich das Rumpelstilzchen mache, kann ich euch ruhig verraten. Das kann eh keiner nachmachen“, unterbricht uns Andreas unbesorgt auf die Frage nach der Herstellung.
Das Rezept für sein Rumpelstilzchen hatte er nämlich zu dem Zeitpunkt schon im Kopf: Er wollte seine 50/50 Mischung aus einer indischen Canephora Bohne (Robusta) und einer brasilianischen Yellow Icatu Bohne (Arabica) für 15 Tage in Rum einlegen, anschließend 20 Tage trocknen lassen und dann durch die Rösttrommel jagen. Dazu hat ihm nur noch eins gefehlt: der Rum. „Weil ich keine Ahnung von Rum habe, bin ich einfach in die Metro gefahren und habe gefragt: ‚Habt ihr einen coolen Rum für mich?’ Dann hat der Verkäufer gesagt: ‚Der Don Papa Rum von den Philippinen ist gerade total im Trend.’ Und der war perfekt! Der ist total süß und riecht so herrlich mandelig. Boah, den will man einfach trinken, wenn man ihn riecht“, schwärmt der leidenschaftliche Röster im Interview.
Es war Liebe auf den ersten Schluck. Von dem wunderbaren Geschmack des Rums ist durch die Röstung diesmal kein bisschen verloren gegangen. Im Gegenteil: „Bei den ersten Tests haben die Kunden gesagt: ‚Boah, da kannst du ja nach einem Espresso schon nicht mehr Auto fahren.’ Das ist aber nur der Placebo-Effekt, weil es echt so sehr nach Rum schmeckt. Ich röste den ja bei über 220 Grad Celsius, da ist für den Alkohol dann Ende“, verrät uns Andreas. Weil ihm das allerdings keiner geglaubt hat, musste ein Beweis her. Bei einer der regelmäßigen Qualitätskontrollen hat Andreas den Lebensmittel-Kontrolleur also gebeten, das Rumpelstilzchen für ihn zum Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel – dem Max-Rubner-Institut – nach Karlsuhe zu schicken. Wie der Vollblut-Röster im Nachhinein erfahren hat, haben die Forscher in Karlsruhe wohl die Welt nicht mehr verstanden, als sie gesehen haben, dass sie Kaffeebohnen auf den Alkoholgehalt kontrollieren sollen. Aber sie haben es gemacht und das Ergebnis lautete: Kein Methanol, kein Ethanol – 0,0% Alkohol.

Im Rausch des Rumpelstilzchens
Nachdem die Bohne den ersten Geschmackstest der Stammkunden bestanden hat, musste sie sich noch im regulären Sortiment beweisen. Hier war die entscheidende Frage: Sind die Kunden auch bereit, fürs Rumpelstilzchen zu zahlen? Die Resonanz hat sogar den Röster selbst überrascht: „Das Feedback war echt überragend. Das hätte ich bei dem Preis nicht gedacht. Normalerweise schlucken die meisten schon ab einem Preis von 30€ pro Kilo und das Rumpelstilzchen ist mit 14,95€ für 250g echt hochpreisig. Es ist halt kein Alltagskaffee.“
Ob als Espresso nach einem harten Arbeitstag, als Cappuccino an einem entspannten Sonntagnachmittag, oder als Affogato an einem heißen Sommertag – das Rumpelstilzchen entpuppte sich als die perfekte Belohnung für echte Genießer. Auch zur Zubereitung von Desserts wie Tiramisu eignet es sich durch die nussig-schokoladigen Aromen, den prägnanten Rum-Geschmack und die Wucht des kräftigen Espressos hervorragend. Andreas’ Kunden können gar nicht genug von der ausgefallenen Röstung bekommen. Da die Zubereitung jeweils einen Monat dauert, fragen sie regelmäßig ungeduldig bei ihm nach, wann es denn endlich wieder Nachschub vom Rumpelstilzchen gäbe. Wenn auch ihr gerne wissen wollt, wann man das Rumpelstilzchen wieder beim El-Coffeino bestellen kann, abonniert hier unseren Newsletter und wir informieren euch, sobald die Rum-Bohnen die Rösttrommel verlassen.
Andreas dagegen forscht derweil schon an neuen Sorten: „Momentan experimentiere ich wieder viel an Fermentierungen mit Säften. Ich glaube auch, dass es mit Apfelsaft funktionieren könnte. Parallel arbeite ich aktuell an einem Gin-Kaffee für Cold Brew. Der ist gerade trocken und den werde ich jetzt mal ganz hell rösten und dann hoffen, dass im Cold Brew der Wacholder schön herauskommt. Die Rohbohnen riechen schon einmal super!“
Bildquellen: Andrea Piacquadio, El-Coffeino